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Photovoltaik auf dem Moor

MoorPower - Sonnenstrom und Moor
Moore speichern CO₂ - wenn sie nass sind Trockengelegte Moore verursachen hohe Emissionen. Wiedervernässung hilft dem Klima – und braucht wirtschaftliche Perspektiven.
Photovoltaik als Chance für Moorflächen Das Projekt „MoorPower“ testet, wie Solarenergie auf wiedervernässten Mooren funktionieren kann – ohne neue Flächenkonkurrenz.
Doppelnutzung im Testlauf In mehreren Pilotregionen erforschen Wissenschaftler:innen, wie Moor-PV ökologisch, technisch und wirtschaftlich umsetzbar ist.

Photovoltaik auf dem Moor: Kann diese Idee eine Wiedervernässung dieser für Umwelt und Klimaschutz so wichtigen Lebensräume fördern und Flächenkonkurrenzen verringern? Dieser Frage geht das von der Universität Greifswald koordinierte Projekt „MoorPower“ nach. Mit dabei sind die Photovoltaik-Profis des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE.

Moore sind in Deutschland vor allem in der norddeutschen Tiefebene sowie im Alpenvorland zu finden, allerdings ist ihr Zustand selten gut. Derzeit sind etwa 70 Prozent unserer Moore für die landwirtschaftliche Nutzung entwässert und tragen dadurch pro Jahr zu etwa 44 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bei. Betrachtet man die gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands, sind es sieben Prozent. Mindestens 50.000 Hektar Moorfläche müssten wir pro Jahr wiedervernässen, um unsere Klimaziele zu erreichen.

Doch die Moorflächen wurden ja nicht umsonst entwässert. Für die Land- und Forstwirtschaft stellen sie oft wichtige Standorte dar, bei einer Wiedervernässung wäre diese Nutzung nicht mehr möglich. Die Frage ist also, wie wir den für das Klima so wichtigen Moorschutz wirtschaftlich attraktiv machen. Seit 2022 wurde dazu eine Nationale Moorschutzstrategie ins Leben gerufen. In Nord-Ost-Deutschland versucht das Projekt MoorFutures mit dem Verkauf von Zertifikaten das Einkommen zu ersetzen. Moor-Photovoltaik könnte nun ein weiterer Ansatz sein, die Wiedervernässung von Mooren für Betriebe wirtschaftlich tragbar zu machen.

Agnes-Katharina Wilke forscht in der Arbeitsgruppe „Agri-Photovoltaik“ am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Foto: Myriam Kaiser / Fraunhofer ISE

Moor-Photovoltaik (Moor-PV) bezeichnet die Nutzung wiedervernässter Moorböden zur PV-Stromerzeugung. »Die parallele Planung der Photovoltaik-Anlage und der Wiedervernässung ist absolutes Neuland. Im Rahmen des MoorPower-Projektes möchten wir durch die konkrete Umsetzung, die beste Herangehensweise für Moor-PV-Anlagen erproben«, erklärt Agnes Wilke. Sie leitet das MoorPower-Team am Fraunhofer ISE: „Am Ende muss sich die Anlage wirtschaftlich lohnen. Dank unserer langjährigen Arbeit mit Agri-PV, also mit Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, haben wir einen Einblick in die technische Umsetzung, und wie es rentabel bleibt“, so Wilke.

Praxistest mit Pilotanlagen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert MoorPower mit sieben Millionen Euro über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren. Kern des Projekts ist die Erforschung der Moor-PV auf verschiedenen Versuchsflächen. Auf einer Fläche in Mecklenburg-Vorpommern errichten die Forschenden auf insgesamt sechs Hektar verschiedene PV-Anlagentypen auf einem noch landwirtschaftlich genutzten Niedermoor. Dabei testen sie unterschiedliche Aufständerungshöhen, Solarmodultypen und Fundamente. Jeder Anlagentyp wird dabei in Kombination mit drei verschiedenen Bodenwasserständen untersucht.

Eine wichtige Frage ist, wie sich der Schattenwurf der PV-Anlagen auf die Pflanzen im Moor auswirkt. „Eine Studien zu PV-Anlagen auf Ackerflächen hat gezeigt, dass eine Verschattung von bis zu 40 Prozent keine drastischen Nachteile für das Pflanzenwachstum einiger Kulturen mit sich bringt“, sagt Wilke. Wie das bei Moorpflanzen aussieht, wird im Projekt MoorPower auch anhand von Topfversuchen untersucht. „Es gibt natürlich Möglichkeiten, die Beschattung zu reduzieren, wenn das ökologisch sinnvoll ist, zum Beispiel indem wir Lücken zwischen den Solarzellen in den PV-Modulen lassen“, sagt Wilke.

Auf einer weiteren, rund 200 Hektar großen Versuchsfläche in Niedersachsen untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler großräumige Prozesse, zum Beispiel die Treibhausgasbilanz auf Landschaftsebene.

Der Solarpark Lottorf steht auf Moorboden und wird mit seinem Wiedervernässungskonzept nach dem Prinzip der Moor-PV betrieben. Mit ihm will die Wattmanufactur zeigen, wie Energie, Landwirtschaft und Biodiversität auf einer Fläche in Einklang gebracht werden können. © Wattmanufactur


Ohne ein richtiges Fundament geht nichts

Auf einer Testfläche in Baden-Württemberg will das Projektteam unterschiedliche Materialien, Beschichtungen und Methoden für die Fundamente der besonderen PV-Anlagen kleinflächig testen. „Was wir jetzt schon sagen können: In den nassen Moorböden steigen die Ansprüche an die Schutzbeschichtung an den Fundamenten. Diese schützt die häufig aus Stahl bestehenden Fundamente vor Rost, gleichzeitig verhindern sie Stoffeinträge von den Fundamenten in das Moor“, so Wilke. Neben Stahl sollen auch Fundamente aus anderen Materialien getestet werden, bspw. Holz oder Leichtbaumaterialien. „Direkt vor Ort Betonfundamente zu gießen ist keine Option, da es immer möglich sein muss, die Fundamente wieder aus dem Moor zu entfernen“, erklärt Wilke.

Ein spannendes Thema bei den Fundamenten ist die Frage nach der Tiefe. Je höher die PV-Module über der Bodenoberflächen aufgeständert werden sollen, desto tiefer müssen diese in den Boden eingebracht werden, was die Anlage wieder teurer macht. „Die Frage ist: Ab welcher Fundamenttiefe, wird eine Moor-PV-Anlage unrentabel“, erklärt Wilke die nicht unerhebliche Herausforderung.

Umweltschutz und PV: Nur zusammen macht es Sinn

»Wichtig ist, für die Doppelnutzung aus Kohlenstoffspeicherung im Torf und Produktion erneuerbarer Energie per Photovoltaik nur entwässerte und stark degradierte Moorflächen zu erschließen, also die derzeit landwirtschaftlich genutzten Moorböden. Es muss verhindert werden, dass Moorböden für die Installation von Photovoltaikanlagen genutzt werden, ohne dass diese auch wiedervernässt werden; denn dann würden die Treibhausgasemissionen aus den Moorböden kontinuierlich weitergehen«, betont Prof. Dr. Jürgen Kreyling, Leiter des Gesamtprojektes an der Universität Greifswald. »Auch schließen wir naturschutzfachlich wertvolle Moore und Moorböden innerhalb gesetzlicher Schutzgebiete von der Nutzung für PV-Anlagen aus.«

Beim Kick-Off-Meeting des MoorPower-Projektes auf der Moorfläche in Mecklenburg-Vorpommern ist noch nicht viel zu sehen. In Zukunft sollen hier unterschiedliche Moor-PV-Systemdesigns ausgetestet werden. Foto: Agnes Wilke/ Fraunhofer ISE


Das MoorPower-Team testet auch die Möglichkeit einer schonenden landwirtschaftlichen Nutzung des Moores unter den PV-Anlagen. „Wir betrachten hier zunächst sogenannte Paludikulturen. Tierhaltung wird bei uns auch diskutiert. Das stellt aber erhöhte Ansprüche an die Aufständerung, wodurch wir wieder bei der Kostenfrage sind“, erklärt Wilke.

„Das Konzept der Moor-PV im Allgemeinen ist noch sehr neu. Es besteht erheblicher Erprobungs- und Forschungsbedarf, um die Machbarkeit und die Auswirkungen beurteilen zu können. In Deutschland ist uns bisher nur eine PV-Anlage auf wiedervernässtem Moor bekannt und außerhalb Deutschlands keine einzige“, sagt Wilke. Doch die Hoffnung ist groß, auch in der Politik: Die Bundesregierung will künftig Solaranlagen auf ehemals für die Landwirtschaft trockengelegten Moorflächen fördern, allerdings nur, wenn diese dauerhaft wiedervernässt werden.

Mehr Informationen:
Website zum Solarpark Lottorf der Wattmanufactur

Der Beitrag ist zuerst erschienen auf dem querFELDein Blog. Den Originalbeitrag findest du hier.

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