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Landwirt für einen Tag

Anwalt trifft Acker - raus aus der Kanzlei, rein ins Landleben
Einblicke statt Klischees Fachanwalt Matthias Reichel erlebt als „Landwirt für einen Tag“ moderne Agrartechnik, Nachhaltigkeit und Tierhaltung hautnah – mit überraschenden Erkenntnissen.
Vom GPS-Traktor bis zur Kuhfütterung Vom GPS-Traktor bis zur Kuhfütterung – wer Landwirtschaft erlebt, versteht den Aufwand hinter Lebensmitteln und ist eher bereit, faire Preise zu zahlen.
Landwirt = Allround-Profi Die Arbeit auf dem Hof verlangt Fachwissen in Agrartechnik, Natur, Tierhaltung und Bürokratie.

Bereits zum zweiten Mal tauschte der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Matthias Reichel, die Kanzlei gegen einen Bauernhof. Bei der Aktion „Landwirt für einen Tag“ bekam der 54-Jährige mithilfe eines Agrarscouts spannende Einblicke in einen Ackerbau- und Milchviehbetrieb in Schleswig-Holstein. Der Jurist stellte fest: Landwirte sind Multitalente. Als Unternehmer, Natur- und Klimaexperten, Tierversteher, Techniker und Krisenmanager meistern sie täglich mit großer Leidenschaft eine beeindruckende Vielfalt an Aufgaben.

„Ich wollte bewusst über den Tellerrand blicken und für mich herausfinden, wie moderne Landwirtschaft heute wirklich funktioniert. Gerade für Stadtmenschen finde ich es wichtig, sich damit zu beschäftigen“, erklärt der Rechtsanwalt.

Wie von Geisterhand gelenkt rollt der mächtige grüne Traktor über den weiten Platz vor der Lagerhalle des Kartoffelhofs Hadenfeldt im schleswig-holsteinischen Wittenbergen. Auf dem Fahrersitz: Matthias Reichel, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hamburg. Fasziniert beobachtet er, wie das GPS-gesteuerte Hightech-Fahrzeug präzise seine Bahnen fährt. Für Matthias Reichel und seine Freundin Beatrice Mothes, die ihn auf den Hof begleitet hat, ist die Spritztour auf dem selbstfahrenden Schlepper der krönende Abschluss eines erlebnisreichen Tages auf dem Land.

Über den Tellerrand blicken

Der Jurist ist kein Anfänger auf dem Acker. Bereits zum zweiten Mal nimmt der 54-Jährige an der Aktion „Landwirt für einen Tag“ teil. Als Stadtkind in Hamburg groß geworden, lebt er auch heute noch mitten im Herzen der norddeutschen Hansestadt. Durch Zufall wurde er im Internet auf den „Schnuppertag“ in der Landwirtschaft aufmerksam. „Ich wollte bewusst über den Tellerrand blicken und für mich herausfinden, wie moderne Landwirtschaft heute wirklich funktioniert. Gerade für Stadtmenschen finde ich es wichtig, sich damit zu beschäftigen“, erklärt der Rechtsanwalt.

Matthias Reichel lebt in Hamburg und ist im echten Leben Fachanwalt. Foto: privat

AgrarScout erklärt jeden Arbeitsschritt

Auf dem in fünfter Generation geführten Betrieb der Familie Hadenfeldt bekommt Matthias Reichel einen umfassenden Einblick in alle Arbeitsbereiche. Seit mehr als 30 Jahren auf den Anbau von Kartoffeln spezialisiert, werden hier auf über 50 Hektar rund neun verschiedene Kartoffelsorten angebaut. Vom Setzen der Kartoffeln, über die Ernte und Sortierung bis hin zur Lagerung der Superknollen – AgrarScout Nils Kroeger erklärt geduldig jeden Schritt.

Bei einem Abstecher aufs Feld lernen Matthias Reichel und seine Begleitung, wie entscheidend der richtige Zeitpunkt für die Pflanzung ist. Auch die Bedeutung nachhaltiger Anbaumethoden – etwa die Fruchtfolge und reduzierter Pflanzenschutz, wird den beiden Städtern anschaulich bei einer heißen Tasse Kaffee aus der Thermoskanne anschaulich erläutert. „Ich hätte niemals gedacht, dass so viel Planung und Technik notwendig sind, bis eine Kartoffel gegessen werden kann“, so der Arbeitsrechtler weiter.

Besonders spannend für den Rechtsexperten: Nicht jede Kartoffel landet nach der Ernte sofort im Supermarkt. „Es war mir überhaupt nicht klar, dass die Kartoffel, die ich heute im Laden kaufe, oft schon vor einem Jahr geerntet wurde. Welch hoher Aufwand erforderlich ist, um die Kartoffeln monatelang unter optimalen Bedingungen frisch zu halten, bevor sie im Regal landen, war mir nicht bewusst.“

Tierwohl hat seinen Preis

Auch auf dem Milchviehbetrieb von Florian Bornholdt im benachbarten Dorf Osterhorn konnte das Besucherpaar aus Hamburg viele neue Eindrücke sammeln. Beim Rundgang durch den lichtdurchfluteten, halboffenen Stall erfuhren Matthias Reichel und seine Partnerin unter anderem, wie die Futterrationen für die insgesamt 260 braun-weiß gescheckten Milchkühe zusammengestellt und wie sie durch moderne Technologie exakt dosiert und gleichmäßig verteilt werden.

anwalt reichel bei landwirt für einen tag
Reichels auf Besuch auf dem Milchviehbetrieb Bornholdt. Foto: Milchviehbetrieb Bornholdt

„Sehr aufschlussreich fand ich, wie sich die verschiedenen Haltungsformen in der Milchwirtschaft unterscheiden. „Die Zahl steht zwar auf der Verpackung, aber wir wussten nicht, welche genauen Standards sich dahinter verbergen“, berichten die beiden Großstädter. „Wenn man die Tiere live vor Ort in den Stallungen erlebt, bin ich gerne bereit, das Wohl der Tiere zu unterstützen und einen entsprechend höheren Preis zu bezahlen“, betont Matthias Reichel.

Mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft gewonnen

Neben neuem Wissen nimmt Matthias Reichel eine wichtige Erkenntnis mit nach Hause: „Es ist mir noch einmal deutlich geworden, wie viel Arbeit, Organisation und Können in jedem Liter Milch und in jeder Kartoffel stecken.“ Vor der Tätigkeit des Landwirts hat er den allergrößten Respekt: „Als Fachanwalt für Arbeitsrecht muss ich nur eine Sache gut können. Bei Landwirten ist es so, dass sie gleich mehrere Jobs in einem haben. Neben der körperlich fordernden Arbeit stemmen sie nebenbei auch einen enormen bürokratischen Aufwand, der unverhältnismäßig hoch erscheint.“

Dokumentationen, Anträge, Vorschriften – alles muss penibel erfasst und regelmäßig kontrolliert werden. „Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb wird mit großem Kapitaleinsatz und enormer Disziplin gearbeitet – sieben Tage die Woche. Das verdient deutlich mehr Wertschätzung.“ Würde der Hamburger die deutsche Landwirtschaft als Anwalt vertreten, lautet sein Urteil: „Mein Mandant steht unter enormem Druck. Er wird oft missverstanden und braucht dringend mehr gesellschaftliche Anerkennung und faire Rahmenbedingungen. Falls nötig, würde ich seine Interessen bis zum Bundesgerichtshof vertreten.“

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