Die Lucht GbR nimmt an der Initiative Tierwohl teil und setzt dafür Anforderungen um, die zweimal im Jahr, auch unangekündigt, überprüft werden. Im Gegenzug erhält der Betrieb ein Tierwohlentgelt von seinen Abnehmern. Gegründet wurde die Initiative von Partnern aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel.
Schweinemast auf dem Lucht-Hof
Die Silbermöwen kreisen über den langen Kohlfeldern des Lucht-Hofs, der sich unweit der Nordsee im Kreis Dithmarschen befindet. Neben dem Gemüse- und Tierfutteranbau widmen sich Thorben Lucht und sein Vater Gerhard der Schweinemast. 2100 Plätze bieten ihre beiden Ställe.
„In unserem alten Stall halten wir eine Gruppe von 700 Tieren“, erzählt Lucht junior. Dabei besaß das Gebäude zwar schon lange einen kleinen Auslauf sowie Spalten- und Strohflächen, „aber wenn ein Tier im hinteren Teil des Stalls stand, konnte es nicht nach vorn zum überdachten Auslauf kommen, da damals noch Trennwände das Gebäude teilten. Das fand ich ungerecht“, erläutert der junge Betriebsleiter, der 2010 sein Agrarwissenschaftsstudium erfolgreich beendete.
Außengehege und Außenklimastall
Familie Lucht beschloss, vor den alten Stall ein neues Außengehege zu bauen, sodass es seitdem allen Tieren möglich ist, nach draußen zu kommen. Damit nicht genug: 2012 errichtete Familie Lucht einen sogenannten Außenklimastall, bei dem sich, je nach Wetterlage, die Außenwände automatisch öffnen und schließen lassen. Dazu messen Sensoren die Außentemperatur. Wird es sehr heiß, klappen die Jalousien zu. Über Zeitschaltuhren werden zusätzlich künstliches Licht und Fütterung gesteuert. Der neue Stall ist in vier Abteile zu je 350 Tieren unterteilt.
Neben Beschäftigungsmaterialien wie Bällen oder Jutesäcken haben die Tiere im
Außenklimastall nicht nur eine Indoor-Spielfläche, sondern auch mehr Platz und die Möglichkeit, eigenständig und je nach Bedarf zum Futterbereich zu gehen.
Tiere genau beobachten
Dabei müssen sie jedes Mal eine Waage passieren – im Schnitt mindestens zweimal täglich. „Zwischen 15 und 22 Uhr ist hier ordentlich Bewegung. Wir setzen zwar keine Sensorenhalsbänder für unsere Schweine ein, aber dafür Überwachungskameras. Zudem nutze ich alle meine Sinne, um das Wohl der Tiere täglich neu einzuordnen“, sagt der Landwirt. Hören, sehen, riechen: Die Schweine machen bestimmte Geräusche, wenn es ihnen nicht gut geht. Lucht beobachtet außerdem, wie die Tiere liegen oder wie ihre Ohrstellung ist und ob sich ihre Körperfarbe oder der Geruch verändern. „Ich bin mindestens zweimal pro Tag in den Ställen. Dabei entgeht mir nichts.“
Beteiligung an der Initiative Tierwohl
Seit 2016 beteiligt sich der Betrieb an der Initiative Tierwohl. Diese wurde von Partnern aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel gegründet mit dem Ziel, durch die Vergütung bestimmter Kriterien das Tierwohl in Deutschland zu fördern. Tatsächlich nehmen mittlerweile 10 200 Schweine- und Geflügelbetriebe an dem Großprojekt teil, wovon wiederum 647 Millionen Tiere jährlich profitieren. Das heißt, 34 Prozent der Mastschweine und 80 Prozent Geflügel werden in Deutschland nach den Vorgaben der Initiative gehalten. Alle Tierhalter müssen bestimmte Kriterien erfüllen und erhalten pro Tier einen festgesetzten Betrag.
Punktesystem für Haltungsformen
Optimal fände der schleswig-holsteinische Landwirt ein Punktesystem, das für die unterschiedlichen Haltungsformen eingeführt würde. Dadurch erhielten mehr Landwirte entsprechend der Möglichkeiten ihrer Betriebe die Chance, Punkte zu sammeln und auf diese Weise mehr für das Tierwohl tun zu können.
Aktuell werden die Produkte der Teilnehmer der Initiative Tierwohl in Haltungsform 2 eingestuft. Das bedeutet, die Tiere haben mehr Platz und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten.
Vorurteile in der Schweinemast
Dass Schweine im Dunkeln gehalten würden oder sich auf Stroh wohler fühlen, seien reine Vorurteile. „Tatsächlich sind wir Schweinemasthalter verpflichtet, eine Mindestanzahl an Fenstern in unsere Ställe zu bauen. Und tatsächlich liegen Schweine freiwillig gerne auf kahlen Spaltenböden, vor allem im Sommer, wenn es heiß ist“, erklärt Lucht. Hinzu kommt, dass Strohlager zu mehr Krankheiten führen könnten, da sie zu Feuchtigkeit neigen und vorm Ausmisten unsauber sein können. „Bei uns können sich die Schweine den Bodenbelag selbst aussuchen“, so Lucht.
Schweinemast in Deutschland rückläufig
Die Anzahl der Schweinemastbetriebe hat sich in Deutschland drastisch reduziert: Laut Statistischem Bundesamt verringerte sich die Zahl der Betriebe seit 2010 um 47 Prozent.
„Die deutschen Verbraucher sollen mit gutem Gewissen Schweinefleisch essen können“, fordert Thorben Lucht. Deshalb sei es wichtig, dass die deutschen Betriebe weiterhin bestehen bleiben. In vielen anderen Exportländern spiele das Tierwohl nicht so eine vordergründige Rolle wie hierzulande, und es würde erst recht nicht so intensiv kontrolliert wie in Deutschland, ist sich Lucht sicher.
Auch er investiert weiter ins Tierwohl: Als Nächstes plant der Betrieb den Bau eines Auslaufs am neuen Stall.