Monika und Michael Rönn führen ihren Obsthof in Meckenheim bei Bonn in vierter Generation. Dabei brachten sie maßgebliche Veränderungen auf den Weg
Wie in kleine Wolken gehüllt sieht das Feld aus. Noch immer blühen die 50.000 Apfelbäume üppig in einem zarten Roséton und bilden einen wunderbaren Kontrast zu den gelben Narzissen, dem lila Flieder und den bunten Tulpen, die neben den Fahrgassen in und um die Obstplantage herum wachsen. Nach drei Generationen stellten Monika und Michael Rönn ihren 38 Hektar großen Betrieb 2016 von konventioneller Bearbeitung auf Bioanbau um und sorgen seitdem auch mit Blühmischungen, Getreide, Blumenzwiebelanpflanzungen und Stein- und Totholzhaufen dafür, dass auf ihren Anbau- sowie einer acht Hektar großen Naturschutzfläche Insekten, Bienen, Vögel und andere Kleintiere das ganze Jahr über Nahrung finden.
Von Konventionell auf Bio – in drei Jahren
Um die neue landwirtschaftliche Bearbeitungsmethode anwenden zu können, musste der Betrieb eine dreijährige Umstellungsphase einhalten. Dabei wurde die erste Ernte nach Umwandlung des landwirtschaftlichen Konzepts noch konventionell verkauft, die zwei nächsten Ernten als sogenannte Umstellungsware. Erst danach darf die produzierte Ware als Bio-Ware verkauft werden. Ab dem Umstellungszeitpunkt dürfen auch nur ausschließlich Bio-Pflanzenschutzmittel und Düngemittel gemäß der EU-Öko Verordnung eingesetzt werden. Der Wechsel auf Bio, sowie der Bio-Anbau selbst, werden von den Behörden streng kontrolliert und überwacht. Es finden jährliche geplante Stichprobenkontrollen statt.
„Wir legen großen Wert darauf, unseren Betrieb umwelt- und insektenfreundlich zu gestalten“, erzählt die 46-jährige studierte Agrarbetriebswirtschafterin, die kürzlich noch einen Master in Marketing und eine Ausbildung zur Bauernhoferlebnispädagogin absolvierte.
„Wir wollen der Natur etwas zurückgeben“, sagt sie. Das ist einer der Gründe, warum das Ehepaar den Hof auch vor rund acht Jahren auf eine neue Anbaumethode umstellte.
„Mein Mann wollte seinen Arbeitsalltag verändern und gleichzeitig die Artenvielfalt in unseren Anlagen erhöhen. Ein Biobetrieb erfordert eine andere Denkleistung“, erklärt die Mutter zweier Söhne.
„Bei einem biologisch aufgestellten Anbau kann man bei Pilz- oder Schädlingsbefall keine schnell wirkenden Feuerwehrmittel einsetzen. Man muss kreativ sein. Auch eine Beikrautbehandlung muss mechanisch erfolgen. Das ist deutlich aufwendiger, als würde man die Unkräuter mit einem chemischen Mittel besprühen“, sagt Monika Rönn, die vor ihrer Ehe als Hotelfachfrau arbeitete. Ein Beispiel: Nur 12 Stunden bleibt ihnen, um Pilzbefall zu behandeln, während konventionellen Betrieben wegen der wirksameren chemischen Mittel das Doppelte an Zeit zur Verfügung steht.
Resistente Obstbaumsorten minimieren Pflanzenschutzeinsatz
Zu den größten Problemen zählt das Wetter. „Hagel und Frost erhöhen den Pilzdruck. Auf diese Weise haben wir in einem Jahr die ganze Ernte verloren und 2017 achtzig Prozent davon. Dafür hat eine einzige Frostnacht gesorgt.“ Inzwischen setzt Familie Rönn Hagelnetze ein und testet viele neue Obstbaumsorten, die pilzwiderstandsfähig sind. „Dadurch können wir auch gleichzeitig biologische Pflanzenschutzmittel einsparen. Kurios findet sie, dass Verbraucher glauben, auf Biohöfen würde kein Dünger oder Pflanzenschutz eingesetzt.
„Natürlich müssen wir uns an streng kontrollierte Richtlinien halten und vorgeschriebene und zertifizierte Mittel einsetzen. Gänzlich unbehandelt ist auch Bioobst nicht.“
Vor ein paar Jahren waren einige ihrer Apfelsorten wie Elster oder Cox Orange von einem Schädling, der Blutlaus, befallen. „Wir wussten überhaupt nicht, was wir dagegen tun sollten. Uns war klar, dass wir einen natürlichen Gegenspieler finden mussten“, beschreibt die Landwirtin. Gemeinsam mit vielen ihrer Kunden bastelten sie 2000 Blumentöpfe, füllten diese mit Holzwolle und hängten sie in die betroffenen Bäume. „Florfliegen und Marienkäfer siedelten sich dort an und fraßen den Schädling. „Auf diese Weise konnten wir Schlimmeres verhindern“, erinnert sich Monika Rönn. Noch heute hängen die Töpfe und helfen, den Bestand an sogenannten Nützlingen weiter aufzubauen.
Mit neuen Vermarktungsmodellen experimentieren
„Das nicht kalkulierbare Wetter, Fachkräftemangel, ein verändertes Kaufverhalten der Verbraucher und die Tatsache, dass uns der Großhandel die Preise vorgibt, sodass wir gar nicht wissen, ob unsere Kosten in einer Saison überhaupt gedeckt werden können, stellen das Überleben unseres Betriebes jedes Jahr auf eine harte Probe“, erklärt sie. Die Einführung neuer Vermarktungsmodelle wie Selbsterntemöglichkeiten für Verbraucher, Baumpatenschaften, Verkaufsautomaten und noch weitere Veranstaltungsformate sollen helfen, den Biohof, der mitten im Dorf in der Nähe der Kirche liegt und aus einem Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert sowie drei Kühllagern, Lagerhallen, Sortierraum und Maschinenhalle besteht, auch weiterhin betreiben zu können. Denn sie sind mit vollem Herzen im Einsatz.
Äpfel als Superstars
„Wir behandeln unsere Äpfel wie echte Superstars“, sagt Monika Rönn.
Damit sie vor dem Sortieren keine Druckstellen erhalten, werden sie aus den Kisten direkt in einem Wasserbecken entleert. Die Äpfel schwimmen oben und kommen so nicht zu Schaden. Später an der Sortiermaschine werden von jedem Apfel bis zu 15 Fotos gemacht. „Wir können vorab Durchmesser und die Farbwerte an der Maschine festlegen. Alle Äpfel, die nicht in dieses Raster passen, werden zu Most verarbeitet. Das heißt, wenn ein Apfel nicht einen bestimmten Rotton hat, wird leckerer Saft daraus.“