Landwirt Dirk Sandering erfüllte sich den Traum von einer tierfreundlichen Schweinemasthaltung, bei der er gleichzeitig erneuerbare Energien erzeugt und organische Düngemittel herstellt.
Für den 32-jährigen Landwirt aus dem niedersächsischen Hemsloh ist es jedes Mal ein tolles Gefühl, in einem seiner vier neuen Ställe zu stehen und zu beobachten, wie die Schweine unter den Förderbändern erwartungsvoll nach oben blicken. Von dort rieselt das Stroh auf sie herab und wird mit Robotern in den hellen, mit Frischluft durchfluteten Boxen verteilt.
„Die Tiere lieben es, mit dem Stroh zu spielen oder darin herumzuwühlen“, erzählt Dirk Sandering stolz.
Tierfreundliche Schweinehaltung
Damit nicht genug: Durch das neuartige Strohstall-Haltungssystem werden die Ausscheidungen der Tiere kompostiert. Das vermeidet unangenehme Gerüche. Darüber hinaus wird der wertvolle Kompost in der Biogasanlage zu Energie umgewandelt. Aber dazu später mehr.
Zusätzlich zum Stroh füttert der Landwirtschaftsmeister gentechnikfreies Futter. Das zu erwähnen ist ihm wichtig.
„In unseren großzügigen Stallungen findet eine ganz neue Dimension von Tierhaltung statt“, freut sich der Landwirt, dessen Betrieb trotz der vielen Innovationen als konventionell eingestuft wird.
Spieleparadies Die Schweine fressen nicht nur das Stroh, sie lieben es, damit zu spielen und darin herumzuwühlen
„Dank der modernen Technik funktioniert die Einstreuung von Stroh auch bei der Größe dieses Stalls ganz reibungslos“, sagt der Landwirt. Die Reinigung der Boxen übernimmt ein Hoflader, der den Mist aus dem Stall fährt. „Die ganze Arbeit wäre sonst gar nicht zu leisten“, erklärt Sandering, der 13 Festangestellte, zwei Azubis und, je nach Bedarf, Aushilfskräfte beschäftigt. Mit viel Mut, klugen Beratern und einem mehrstelligen Millionen-Euro- Betrag ist es dem zweifachen Familienvater gelungen, gleich mehrere Herausforderungen in den Griff zu bekommen.
Zum einen hat der Landwirt in vierter Generation das Tierwohl für rund 2400 Schweine auf seinem Betrieb gesteigert und die Haltungsform durch mehr Platz, Frischluft- und Tageslichtzufuhr auf die Haltungsstufe 3 steigern können.
Inklusive eigenem Hofkraftwerk und Produktion von Dünger
Zum anderen ließ er auf dem 100 Meter langen Gebäude 4000 Quadratmeter Photovoltaik installieren und baute zusätzlich eine Biogasanlage. In dieser werden der Kompost seiner Tiere sowie Gülle aus anderen Ställen in Strom und Wärme umgewandelt. Mit der erzeugten Energie heizt er nun im Winter die Ställe und deckt damit zwei Drittel seines gesamten Strombedarfs ab. Zusätzlich produzierter Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist, wofür er vergütet wird.
Das in der Biogasanlage anfallende Substrat nutzt Sandering als Dünger für sein 750 Hektar großes Land, auf dem er Getreide und Kartoffeln anbaut. „Damit schließt sich ein ganzer Kreislauf, denn das Getreide dient unseren Tieren als Futter, während das verbleibende Stroh als Streu in die neuen Stallungen kommt“, erklärt der Niedersachse.
Die neuen Stallungen auf dem Hof von Dirk Sandering mit Photovoltaik und Biogasanlage
Von der Idee zu mehr Tierwohl und Klimafreundlichkeit
2019 reifte in ihm die Idee, in mehr Tierwohl investieren zu wollen. „Mit diesem Millionenprojekt wollten wir auch unterstreichen, dass moderne Landwirtinnen und Landwirte die Anliegen der Verbraucher wahr- und ernst nehmen. Die Kunden erwarten mehr Tierwohl und Klimafreundlichkeit von uns“, so Sandering.
Insgesamt rund dreieinhalb Jahre dauerte es, bis alle Pläne, Gutachten und Gelder genehmigt wurden und die Ställe gebaut und schließlich eingeweiht werden konnten. „Gemeinsam mit den Firmen Bröring Pig Partner und Big Dutchman haben wir das ungewöhnliche Strohhaltungssystem umgesetzt.“ Sogar eine Lagerhalle für Stroh ist Teil der neuen Stallungen.
Bevor sich der Landwirt an die Umsetzung des Projekts gewagt hat, besuchte er einen ähnlich konzipierten Stall auf einem norddeutschen Hof.
„Mir hat die Kombination aus traditioneller Strohhaltung und den automatisierten Robotern sehr gut gefallen“, erinnert sich Sandering. „Das fand ich tierfreundlich und effizient zugleich.“
Besucher willkommen
Auch die Öffentlichkeit soll die Möglichkeit erhalten, einen Blick in diesen modernen Stall zu werfen.
„Wir haben gläserne Flächen geschaffen, von denen aus sich Schulkinder oder andere Besucher ein Bild über die moderne Schweinemast machen und wir erklären können, warum wir was tun“, sagt Anne Sandering.
Dem Ehepaar liegt Transparenz besonders am Herzen. Sogar der Tierschutzbund und andere Verbände sind in das Projekt involviert und wollen mit den Besichtigungen demonstrieren, wie alternative Tierhaltung realisiert werden kann. Natürlich zu einem sehr hohen Preis, wie Sandering genau weiß.
Investitionen & Hürden
Von der NBank des Landes Niedersachsen und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe habe er Investitionszuschüsse erhalten, aber für den eigentlichen Ausbau der Ställe verzichtete er auf staatliche Fördergelder, erwähnte der Landwirt gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Auflagen seien viel zu kompliziert gewesen. Das hat ihn trotzdem nicht abgehalten, seinen Traum von einem Stall der Zukunft zu realisieren. Und darüber ist er heilfroh, vor allem jedes Mal, wenn er die Stallungen betritt. Da sind dann auch die Unwägbarkeiten, Verzögerungen und bürokratischen Hürden vergessen.