Für das BASF-Projekt FarmNetzwerk Nachhaltigkeit erforschen Wissenschaftler und landwirtschaftliche Betriebe praktikable Maßnahmen zur Steigerung der Artenvielfalt. Ein Teilnehmer ist die Agrargenossenschaft Trebbin (agt).
300 Felder, auf denen zwölf verschiedene Kulturpflanzenarten angebaut werden, Grünland, 950 Milchkühe, eine Nachzucht mit rund 800 Rindern, Baumaschinenverleih, landwirtschaftliche Dienstleistungen, ein Hotel, eine Tankstelle, eine Fahrzeugwerkstatt mit Lackiererei. Die Agrargenossenschaft Trebbin mit 119 Mitarbeitern gehört zu den facettenreichsten landwirtschaftlichen Großbetrieben in Brandenburg.
In Biodiversität und Bodengesundheit investieren
Für die agt steht die erfolgreiche Produktion von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln im Mittelpunkt. „Das heißt für uns auch, dass wir in Biodiversität investieren wollen“, erklärt Dr. Thomas Gäbert.
„Insekten erbringen für unsere Landwirtschaft große Bestäuberleistungen. Genauso sorgen Regenwürmer und andere Lebewesen für einen bioaktiven Boden. Das ist bei unserer leichten und sandigen Erde besonders wichtig“, erklärt der agt-Betriebsleiter.
Schon früh haben sich Gäbert und sein Team mit Biodiversität und Bodengesundheit auseinandergesetzt und eine regenerative Landwirtschaft betrieben.
Erste Blühstreifen ohne Förderung
Erste Blühstreifen legte die Agrargenossenschaft Trebbin bereits vor vielen Jahren ohne Zuschüsse an. Förderprogramme wurden in Brandenburg erst 2020 eingeführt.
„Die Zusammenarbeit mit den Landesministerien ist mit großen Planungsrisiken und zu viel Bürokratie verbunden“, erläutert der Agrarwissenschaftler.
„Die Behörden machen beispielsweise Vorgaben bei Blühmischungen, die auf unseren Böden teilweise gar nicht gedeihen können, oder Förderanträge werden abgelehnt, weil beim Nachmessen der Blühflächen Unterschiede von ein paar Zentimetern auftauchen. Das komplizierte Prozedere sorgt verständlicherweise für große Hemmschwellen bei den landwirtschaftlichen Betrieben“, erklärt Gäbert.
Biodiversität vernetzen
Ende 2015 erfuhr der brandenburgische Pflanzenexperte vom FarmNetzwerk Nachhaltigkeit. Mit dem Projekt erforscht BASF zehn verschiedene Biodiversitätsmaßnahmen, die den betrieblichen Ablauf einer Landwirtschaft nicht unterbrechen, sondern vielmehr den Schutz von Klima und biologischer Artenvielfalt mit den ökonomischen Herausforderungen einer modernen Landwirtschaft in Einklang bringen.
Zu den Maßnahmen zählen unter anderem das Schaffen von Blühflächen, Feldlerchenfenstern oder Kiebitzinseln.
Das Ziel der Initiative ist, bis zu zehn Prozent einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche für vernetzte Biodiversität zu nutzen, ohne dabei Ertragsverluste zu erleiden, und gleichzeitig diese Flächen für alle Beteiligten finanzierbar zu machen.
„Dieser Ansatz hat mich sehr interessiert. Deshalb besuchte ich einen Landwirtschaftsbetrieb in Sachsen-Anhalt, der schon Projektpartner war. Was ich sah, überzeugte mich“, erzählt Gäbert.
Seit der Projektteilnahme sät die agt mehrjährige Blühflächen für Insekten aus, erzeugt Rohböden, damit Wildbienen darin ihre Wohnhöhlen bauen können, und hängt über 100 Nistkästen für Singvögel auf, um nur einige Maßnahmen zu nennen.
Blühflächen pflegen
„Die Mehrarbeit sehen wir nicht als Belastungen an, aber ich muss hinzufügen, dass wir eine Blühfläche genauso pflegen wie ein Feld mit Kulturpflanze“, sagt Gäbert. Das heißt, es wird ein Saatbett angelegt und bei Bedarf ein Schröpfschnitt durchgeführt, wenn sich bestimmte Ackerunkräuter gegen die Wunschpflanzenarten durchsetzen wollen.
„Der Arbeitsaufwand ist unser Beitrag, um den kommenden Generationen eine möglichst intakte Umwelt zu hinterlassen, aber auch die Politik und die Verbraucher sind gefordert, ihren Anteil beizusteuern“, sagt der Vater von drei Kindern.
Das Lerchenbrot
Ein Beispiel, wo Biodiversität und Aufwandentschädigung funktionieren, ist der Vertrieb von „Lerchenbrot“.
Das Mehl wird aus Getreide von Feldern gewonnen, in denen die Landwirte Lücken lassen, die die Vögel als Aufwärm- und Landeplätze nutzen können. Die Kosten dafür werden über geringe Aufpreise beim Brotverkauf kompensiert. „In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal in einer Übersichtskarte unsere Aktivitäten markiert. In den kommenden zwei bis drei Jahren wollen wir Bewegungskorridore für Insekten schaffen, damit sie sich noch besser vermehren können und nicht auf Blühinseln enden“, erzählt Gäbert.
Der Einsatz lohnt sich. „Bei uns hat sich ein Schwarm selten gewordener Uferschwalben angesiedelt. Außerdem sind seit letztem Jahr 17 Wildbienenarten bei uns daheim, die auf der Roten Liste stehen. Auch die Anzahl der Brutvögel hat sich um über 50 Prozent erhöht.“