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WellBee - Blühpatenschaften

Patenschaften für mehr Artenvielfalt

Forum Moderne Landwirtschaft e.V.

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Auf dem Hof von Jochen Kanders werden erneuerbare Energien gewonnen und Blühpatenschaften für die Belebung der Biodiversität vergeben

Alles begann 2018 mit einem Preisausschreiben, bei dem Jochen Kanders eine Packung Saatgut für eine Bienenweide gewann. Der staatliche geprüfte Landwirt säte die Mischung aus und war vom Ergebnis begeistert. Er begann, sich intensiv mit dem Thema Bienenweiden auseinanderzusetzen.

Als ein Jahr später in Bayern die große Bienenaktion „Rettet die Bienen“ ausgerufen wurde, deren Umsetzung seiner Meinung nach nicht konstruktiv war, startete der nordrheinwestfälische Landwirt „fast aus Protest“, wie er erzählt, ein eigenes Wildbienenschutzprojekt: Er bot auf eBay zweijährige Blühpatenschaften an. Für einen Mindesteinsatz von 50 Euro im Jahr konnten interessierte Naturliebhaber 100 Quadratmeter und mehr einer Blühwiese erwerben und mit ihrer Patenschaft Bienen und anderen Insekten ein Zuhause geben und damit etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun.

 

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Das ist rund sieben Jahre her. Mittlerweile trägt das mehrfach preisgekrönte Projekt einen eigenen Namen und zählt knapp 200 Paten und das durchgängig. „Wir nennen unser Konzept WellBee. Der Anfang unseres Hof-Namens ist darin enthalten und das englische Bee für Bienen."

"Mit unseren Blühweiden und den damit verbundenen Patenschaften haben wir eine Möglichkeit geschaffen, Biodiversität zu steigern und die Natur zu stärken und vor allem auch die Thematik in der Gesellschaft präsent zu halten“, erzählt Jochen Kanders.

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So gehören neben Pfadfindergruppen oder Einzelpersonen auch Unternehmen zu den WellBee-Bienenpaten. „Eine Firma produziert fünf Millionen Pflastersteine pro Jahr. Damit werden Bodenflächen versiegelt, was sich umweltbelastend auswirkt. Mit der WellBee-Patenschaft will das Unternehmen etwas Positives zurückgeben.“

 

Einmal jährlich ein Blühpatentag

Regelmäßig unterrichtet der Bienenweidenbetreiber seine Paten über Erfolge, informiert sie über besondere Begebenheiten, verschickt Fotos und richtet einmal im Jahr einen Blühpatentag aus, zu dem alle Paten herzlich auf die Blühweide ins nordrheinwestfälische Uedem eingeladen sind, um sich dort persönlich von dem lebendigen Brummen und Summen der Insektenwelt zu überzeugen.

Auch ein engagierter Insektenkundler gehört zu den Paten der ersten Stunde. „Hermann Josef Windeln kartiert regelmäßig unsere Bienenweiden. Er ist Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe Issum-Geldern und ist Vorstandsmitglied des NABU-Kreisverbandes. Bereits nach kurzer Zeit hatte der Entomologe rund 100 verschiedene Insektenarten auf den Flächen entdeckt. Darunter viele, die auf der roten Liste stehen, also fast ausgestorben sind. Solche Ergebnisse haben mich sehr motiviert und dazu inspiriert, mit meinem Engagement weiterzumachen“, berichtet Kanders. Inzwischen leben über 370 Insektenarten auf den Bienenweiden des Welleshofs.

 

Das ganze Jahr über Futter für mehr als 370 Insektenarten

Auf einer Fläche von drei Hektar sät der Landwirt hochwertige Blühmischungen aus, in denen rund 50 verschiedene Wildkräuterarten und mindestens 15 Kultursorten enthalten sind.

„Mit dieser hohen Pflanzenvielfalt kann ich sicher sein, dass auf den Weiden das ganze Jahr über etwas blüht und damit ganzjährig Nahrung für die Insekten zur Verfügung steht“, erläutert er.

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Leider ist seine Weide nicht gegen Schneckenangriffe gewappnet, so wie im letzten Jahr. „Die Schnecken fressen sich durch die Weide. Da ich keine Pflanzenschutzmittel einsetzen kann, hinterlassen sie arge Schäden.“ Dafür hat sich aber ein natürlicher Widersacher gegen das hochgiftige Jacobskreuzkraut auf seiner Weide eingenistet. „Eine gelb-schwarz-geringelte Raupe, die sich zum Blutbär-Nachtfalter entwickelt. Die Raupen ernähren sich von dem Kraut, das für die Tier- und Insektenwelt tödlich sein kann.“ Auch zu viel Gras, Brombeeren und Disteln können zu einer Herausforderung für die Blühweide werden. Denn diese verdrängen andere Pflanzen und damit die Nahrung der Tiere. „Dann muss ich mehrfach zum Grubber und Striegel greifen und neu einsäen.“

 

Landwirtschaftlich unproduktiv aber fesselnd

Zwar wird das WellBee-Projekt durch die Beiträge der Patenschaften unterstützt, aber der hohe Arbeitsaufwand steht nicht in Relation zu den Einnahmen. „Auf unserem 85 Hektar großen Hof bauen wir Mais, Zuckerrüben, Weizen und Kartoffeln an. Wenn ich auf der drei Hektar großen Blühweide Kartoffeln anpflanzen würde, würde ich wirklich Gewinn machen.“ Doch das Blühweideprojekt liegt ihm so sehr am Herzen, dass er gerne auf den Ertrag verzichtet.

„Unser Kerngeschäft liegt auf der Produktion von erneuerbarer Energie. Mit unserer Biogasanlage erwirtschaften wir so viel Strom, dass wir rund 1000 Familienhaushalte monatlich damit versorgen können.“ Hinzu kommen eine Photovoltaikanlage, deren Stromproduktion nur zu zwei Prozent ins öffentliche Netz eingespeist wird. Der größere Anteil wird auf dem Hof selbst verbraucht. Auch ein 14 Hektar großer Wald gehört zum Betrieb, dessen Holz der Landwirt zu Anzündholz verarbeitet und verkauft.

 

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Der Erhalt der Artenvielfalt muss ein Thema bleiben

„Es ist mir sehr wichtig, dass das Thema Artenvielfalt im Gespräch bleibt, daher engagiere ich mich auch noch in anderen Projekten wie einem Rebhuhn-Projekt. Für ein anderes spreche ich mit Landwirten und bitte sie um Teilflächen, die für die Bewirtschaftung für sie unwirtschaftlich sind. Wir legen dort Biotope an.“

Seine Kollegen konsultieren ihn mit Fragen rund um Blühweiden. Kanders hilft immer gerne und verteilt auch das Blühsaatgut an andere Betriebe. Im Februar hat er beispielsweise an Karnevalsvereine 17.000 Saatguttüten verteilt, damit sie diese statt „Kamelle“ (Bonbons) bei ihren Umzügen in die Menge werfen. „Mit der Menge könnte man gut 35 Fußballfelder große Blühwiesen schaffen“, erzählt er verschmitzt. Und viele seiner Landwirts-Kollegen machen es ihm nach.

 

„Die Verbraucher sollten mehr Vertrauen in uns haben. Wir produzieren in Deutschland zu den höchsten Standards, auch was den Umweltschutz anbelangt“, betont er.

 

Von der Politik wünscht er sich mehr Unterstützung. „Wir müssen nach dem Wetter arbeiten, nicht nach Terminen, die von der EU festgelegt wurden. Das funktioniert nicht.“

 

Die Zukunft ist ungewiss

Ihm macht die ungewisse Zukunft zu schaffen.

„Ich wäre froh, wenn wir zwei bis drei Jahre lang dieselben Auflagen hätten. Sogar bei meiner Blühweide bin ich der Verwaltung gegenüber in der Beweispflicht. Ich muss diese abmulchen, sonst läge keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vor. Da aber viele Insekten im Boden nisten, möchte ich eigentlich nicht mulchen. Doch die Bürokratie versteht das nicht.“

 

Wie er sich seinen Betrieb in ein paar Jahren vorstellt? „Die Laufzeit unserer Biogasanlage läuft 2031 aus. Wir überlegen, ob wir ein Großspeicherkraftwerk bauen, auch um die Abwärme als Nutzwärme zu verkaufen. Aber ich kann mir auch vorstellen, etwas kürzer zu treten.“

Doch an das letztere glaubt er selber nicht so recht. Schließlich liebt Kanders seinen Beruf über alle Maßen. Die Selbständigkeit, die Bodenständigkeit, die Natur. „Mit der Sonne zu arbeiten, das frisch gemähte Gras zu riechen, das Knistern des Korns zu hören, mit den Händen im Boden zu graben. Dazu gehört viel Herzblut und Überzeugung“, resümiert der Landwirt aus Nordrheinwestfalen.

Tags: Artenvielfalt

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