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Klimawandel und Pflanzenzüchtung

Ohne Pflanzenzüchtung keine Nahrungsmittel

Forum Moderne Landwirtschaft e.V.

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Klimawandel und politische Auflagen stellen die Landwirtschaft vor immer größere Herausforderungen. Welche wertvolle Unterstützung die moderne Pflanzenzüchtung leistet, beschreibt Dr. Anja Matzk

 

Welche Aufgabe übernimmt die Pflanzenzüchtung in der heutigen Lebensmittelproduktion?

 

Der Klimawandel mit langen Trockenperioden, sich verändernden Schadinsekten und Krankheitserregern, dazu die neuen agrarpolitischen Ziele wie zum Beispiel die massive Reduktion von Dünger und Pflanzenschutzmitteln stellen die Landwirte immer wieder vor neue Herausforderungen. Um diese meistern zu können, sind wir Pflanzenzüchter gefordert, fortlaufend neue Pflanzensorten zu entwickeln, mit denen die landwirtschaftlichen Betriebe ihre Erträge und damit die Grundlage einer qualitativ hochwertigen und stabilen Lebensmittelproduktion sichern können.

 

Das klingt vermutlich leichter gesagt als getan, oder?

Das stimmt allerdings. Als Pflanzenzüchter müssen wir die Herausforderungen in der Landwirtschaft um Jahre im Voraus erkennen. Bis eine neue Sorte auf dem Markt ist, dauert es acht bis zwölf Jahre. Neben intensiven Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sind auch anspruchsvolle Zulassungsverfahren zu durchlaufen, bevor der Landwirt die neu gezüchteten Sorten nutzen kann.

 

Vor welchen Herausforderungen steht die Landwirtschaft aktuell?

Durch den Klimawandel müssen die Pflanzen mit weniger Wasser auskommen, allein das ist ein enormer Stressfaktor für sie. Gleichzeitig passen sich Schädlinge wie Viren oder Pilzkrankheiten den neuen Klimabedingungen sehr schnell an. Hinzu kommen Unkräuter, die in Konkurrenz zu der Nutzpflanze treten und sie zurückdrängen. All das sind Faktoren, die eine Ernte negativ beeinflussen können. Und auch nach der Ernte können noch Schäden während der Lagerung auftreten. Dadurch kann der Landwirt jedes Jahr bis zu 50 Prozent seines eigentlichen Ertrags verlieren.

 

Was kann die Pflanzenzüchtung hier leisten?

Die Pflanzenzüchtung entwickelt sehr spezifische, an den jeweiligen Standort angepasste Sorten.

 

Ein wichtiges Züchtungsziel ist es, die Trockentoleranz von 

Sorten zu erhöhen. Aber auch die Resistenz von Sorten gegen bestimmte Schädlinge muss laufend verbessert und angepasst werden. Das ist ein ständiger Wettlauf mit den Schädlingen, die sich schnell und flexibel verändern können.

 

Um diese Züchtungsziele zu erreichen, steht uns ein ganzer Werkzeugkasten an Züchtungsmethoden zur Verfügung, die wir anwenden und nutzen müssen.

 

Welche Werkzeuge meinen Sie?

Die klassische Methode ist die zeitaufwendige Kreuzung verschiedener Sorten und die anschließende Selektion der besten Ergebnisse. Um den Züchtungsvorgang zu beschleunigen, verwendet man auch molekulare Marker. Diese werden wie ein Barcode auf dem Produkt im Supermarkt genutzt, um bestimmte Eigenschaften von Pflanzen abzubilden. Dadurch kann der Züchter schneller die richtigen Pflanzen finden.

Eine weitere moderne Methode ist das Genome Editing. Mithilfe dieser Verfahren können Forscher gezielt Gene erkennen, die für bestimmte Eigenschaften von Pflanzen verantwortlich sind, und diese im zweiten Schritt gezielt und präzise verändern.

 

Wie kommt es, dass eine Methode wie Genome Editing bei uns verboten ist?

Sie ist nicht verboten, aber 2018 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Pflanzen, die mit neuen Züchtungsmethoden wie Genome Editing entwickelt wurden, als gentechnisch veränderte Organismen einzustufen sind. Diese unterliegen in der EU einem so strengen rechtlichen Rahmen, dass eine Anwendung dieser Methode faktisch unmöglich ist. Wir sehen allerdings Bewegung in der Sache, da eine Studie der EU-Kommission belegt, dass die aktuelle Gesetzgebung nicht mehr zeitgemäß ist.

 

Welches Ergebnis erwarten Sie?

Wir sind ganz zuversichtlich, dass die EU-Kommission künftig eine genauere Unterscheidung vornehmen wird. Pflanzen, die im Ergebnis auch natürlicherweise vorkommen oder mittels klassischer Züchtung entstehen könnten, sollen nicht mit gentechnisch veränderten Organismen gleichgesetzt werden. Diese neuen Verfahren helfen uns, trotz der Folgen des Klimawandels die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit Lebensmitteln zu sichern und gleichzeitig den ehrgeizigen Zielen der Politik und den Wünschen der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit gerecht zu werden. In einigen Ländern werden die neuen Züchtungsmethoden bereits erfolgreich angewendet.

 


 

pflanzenzuechtung-anja-matzk-web

Dr. Anja Matzk: Seit Ende der
Neunzigerjahre ist die Molekularbiologin
und Pflanzenzüchterin für das Unternehmen
KWS Saat tätig und verantwortet
den Bereich Anwendung innovativer
Pflanzenzüchtungsmethoden

 

 

 

 

 

Tags: Pflanze, Klima, Klimawoche

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