Auf einem Gemeinschaftshof bei Diepholz wir Milch produziert, und gleichzeitig werden Treibhausgase reduziert.
Der Bereich mit den sechs roten Melkrobotern erinnert ein bisschen an große Umkleidekabinen in einer Badeanstalt. Gerade kommt Kuh Nr. 248 angetrottet. Freiwillig lässt sie sich von der Hightech-Maschine die Melkbecher ansetzen. Nach dem Melkvorgang marschiert die Schwarzbunte zur XXL-Massagebürste und lässt sich genüsslich den Rücken kraulen.
klimafreundliche Milch
320 Kühe sind in dem modernen Boxenlaufstall mit den offenen Seitenwänden untergebracht. Von hier ist es nicht weit zur Biogasanlage, die mit zum Dreifamilienbetrieb Linderkamp-Ostermann GbR im niedersächsischen Campen gehört. Jeder Kuh steht eine Liegebox zur Verfügung, die zweimal am Tag gereinigt und einmal wöchentlich mit frischem Stroh eingestreut wird.
Ein Futtermischwagen „serviert“ einmal am Tag das Futter, das anschließend fast stündlich von einem Roboter wieder ordentlich zusammengeschoben und in erreichbarer Nähe der Tiere platziert wird. Es besteht unter anderem aus einer Mischung aus Ackergras, Maissilage, Rapsschrot und Roggen, alles Marke Eigenanbau.
Auf einer Balkenschiebeanlage sind vier Reinigungsroboter unterwegs, die 24 Stunden lang an sieben Tagen die Woche Kuhfladen entfernen und so den Stall sauber halten.
Rund 37 Liter Milch gibt jede Kuh pro Tag. Die weiße Flüssigkeit wird regelmäßig von der Molkerei frischli abgeholt. Da der landwirtschaftliche Betrieb in der Nähe der Bundesstraße 214 liegt, ist die 40 Kilometer lange Strecke schnell absolviert.
Damit trägt die Linderkamp-Ostermann GbR auf mehreren Ebenen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bei. Und Hennes Ostermann kann mit gutem Gewissen behaupten: „Wir produzieren hier klimafreundliche Milch.“ Der Juniorlandwirt macht gerade seinen Bachelor of Science an der Hochschule Osnabrück.
Methanemissionen reduzieren
Milchkühe und Rinder zählen mit zu den Methanverursachern. Das Gas mit der Formel CH4 ist bei den Treibhausgasen der böse Zwillingsbruder von Kohlendioxid (CO2 ), der aber ein rund 25-mal höheres Erwärmungspotenzial besitzt als CO2 – dafür jedoch eine nur relativ kurze Verweilzeit in der Atmosphäre hat. Beim Verdauen von Ackergras entsteht in den Kuhmägen Methangas. Bei jedem Rülpser, Pups oder Kuhfladen wird dieses Methan ausgestoßen. Insgesamt ist die Landwirtschaft in Deutschland laut BZL mit neun Prozent an den Treibhausgasemissionen beteiligt. Das Methan aus der gesamten Tierhaltung in Deutschland trägt laut DBV Faktencheck mit circa 3,7 Prozent zum absoluten Treibhauseffekt bei.
Um die Methanemissionen von Wiederkäuern zu reduzieren, gibt es verschiedene Ansätze. Dazu zählen unter anderem diese fünf: die Fütterung, die Haltung, das schnelle Entfernen von Kot, die Energieerzeugung mit einer Biogasanlage und das Düngemanagement.
Futter beeinflusst Methanproduktion
„Einen der größten Einflüsse auf die Methanproduktion im Pansen haben die Grundfuttermittel“, erklärt Hennes Ostermann. „Je älter das Grundfutter ist, desto unverdaulicher wird es. Da wir unser Futter selber produzieren, ernten wir unser Gras sehr früh und verfüttern dieses als Grassilage an die Tiere. Außerdem füttern wir zum Beispiel Körnermais, der weniger Methangas im Magen entstehen lässt“, erläutert der junge Landwirt. Auch eine ausgeglichene Rationsgestaltung des Futters leistet einen weiteren Beitrag zur Methanreduktion.
„Unsere Kühe sind hochleistende Tiere. Das wirkt sich auf den Klimaschutz aus. Denn je mehr Milch sie geben, desto kleiner wird der CO2 -Fußabdruck pro Liter Milch.
Diese Leistung erbringen sie, weil sie sehr gesund sind,“ sagt der 27-Jährige. Auch das regelmäßige Melken kräftigt die Tiere. So geht manche Kuh bis zu sechsmal pro Tag zum Melkroboter. „Durchschnittlich lassen sie sich dreimal pro Tag melken“, meint der Landwirt.
Kot in Biogas und Dünger umwandeln
Ein weiterer Faktor sind die Reinigungsroboter. „Bei uns hat der Kot nur sehr kurze Liegezeiten. Er wird umgehend abtransportiert und in der Biogasanlage in grünen Strom umgewandelt. Die Gärreste wiederum werden als Dünger auf den 500 Hektar Acker- und Grünlandflächen ausgebracht.
„Durch diesen Kreislauf produzieren wir so wenig Emissionen wie möglich. Auch bei der Ausbringung des organischen Düngers achten wir darauf, diesen sofort in den Boden einzuarbeiten, sodass auch hier kaum Treibhausgase entweichen können“, beschreibt Hennes Ostermann die Vorgänge in dem Betrieb.
Klimachecks für Milch
Bisher wird die Milch nach ihrem Fett- und Eiweißgehalt bezahlt, aber der niedersächsische Landwirt geht davon aus, dass Molkereien eines Tages auch Klimachecks abfragen und diese verpflichtend werden.
„Wir sind jetzt schon gut aufgestellt. Aber wir müssen immer wieder Kompromisse machen zwischen ökologischen und Tierwohlaspekten.“
Damit meint Ostermann zum Beispiel den Laufhof, den sie für ihre Tiere gern einrichten würden. „Aber dann würde das Emissionspotenzial wieder steigen. Dieses könnten wir nur reduzieren, indem wir weniger Tiere halten, was wir uns bei den Milchpreisen gar nicht leisten können.“