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Doppelnutzung von Ackerflächen

Doppelte Ernte - Äpfel und Strom vom Acker

Forum Moderne Landwirtschaft e.V.

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Mit Agri-Photovoltaik (Agri-PV) können auf einer landwirtschaftlichen Fläche Nahrungsmittel und gleichzeitig Strom „geerntet“ werden. Wie die Doppelnutzung von Ackerflächen funktioniert, erklären Fabian Neu von BayWa r.e. und Andreas Steinhüser vom Fraunhofer ISE.

Doppelnutzung von Ackerflächen

Wie schmale Überdachungen wirken die langen Solarmodule über der Obstplantage, mit deren Hilfe die Sonnenenergie in Strom umgewandelt wird. Gleichzeitig schützen die halbtransparenten Photovoltaikflächen die darunter gedeihenden Apfelbäume vor Hagel, starken Regenfällen und Hitze. Denn auch die sensible Haut eines Apfels kann einen Sonnenbrand bekommen.

Seit 2014 beschäftigt sich neben Wissenschaftlern des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE auch das Unternehmen BayWa r.e. intensiv mit der Doppelnutzung von Ackerflächen. Dafür wurden in den vergangenen Jahren auf zehn landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland, Österreich und den Niederlanden Pilotanlagen errichtet. Ergänzend zur Untersuchung der Landnutzungseffizienz werden Zusatzeffekte erforscht.

„Auf einer Versuchsfläche mit acht verschiedenen Apfelsorten vergleichen wir die Wirkung von Hagelnetzen, Folienüberdachungen und aufgeständerten Solarmodulen miteinander. Dabei testen wir drei verschiedene technologische Varianten“, erzählt Andreas Steinhüser vom Fraunhofer ISE.

So wurde festgestellt, dass die Solarmodule mit ihrem ausgeklügelten Lichtmanagement den darunter befindlichen Pflanzen genügend Licht für ihr Wachstum zur Verfügung stellen und darüber hinaus zusätzliche Schutzmaßnahmen vor Wetterextremen überflüssig machen.

„Das reduziert in erheblichem Maße Plastikmüll, und wir können sogar Regenwasser sammeln, speichern und den Pflanzen dann zur Verfügung stellen, wenn sie Feuchtigkeit benötigen“, erklärt Fabian Neu, Projektentwickler bei BayWa r.e.

Vor allem Sonderkulturen wie Gemüse- oder Beerenanbau profitieren von Agri-PV-Anlagen. Aber selbst Winterweizen, Kleegras oder Kartoffeln können mit den aufgeständerten Solarmodulen überbaut werden. „Unsere Anlagen sind so ausgefeilt und individuell ausgerichtet, dass die Arbeiten von Erntemaschinen oder Traktoren unbeeinflusst bleiben“, erläutert der Projektentwickler.

 

Stromproduzent und Selbstversorger

Bis zu 276 000 Kilowattstunden pro Jahr soll zum Beispiel eine der Agri-PV-Pilotanlagen erwirtschaften. Das entspricht dem Bedarf von rund 80 Haushalten. „Der Obstbetrieb will den erzeugten Strom auch für einen elektrisch betriebenen Traktor und ein großes Bewässerungssystem mit Pumpenhaus selbst nutzen“, rechnet Diplom-Ingenieur Andreas Steinhüser vor. Auf diese Weise ermöglicht Agri-PV der Agrarwirtschaft, einen Beitrag zur Versorgung mit erneuerbaren Energien zu leisten und ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen trotzdem weiter für die Produktion von Nahrungsmitteln zu verwenden.

 

Aufbau von Agri-PV auf Agrarflächen

Die Bundesregierung macht Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien. Neben dem Wind sind Solarmodule die zweite wichtige Quelle für sauberen Strom. Dabei soll der Aufbau von Agri- PV auf Agrarflächen erleichtert und über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. Zum Hintergrund: Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine installierte Photovoltaikleistung von 200 Gigawatt zu erreichen. Dafür reichen Dächer sowie Freiflächen, auf denen keine Kulturpflanzen angebaut werden können, nicht aus. Aktuell werden über diese Flächen knapp 60 Gigawatt Strom erzeugt.

„Leider bestehen aber hierzulande noch erhebliche Herausforderungen in regulatorischen Bereichen“, erklären beide Gesprächspartner.

So muss beispielsweise die Baunutzungsverordnung angepasst werden, damit eine Doppelnutzung der infrage kommenden Flächen überhaupt genehmigt werden kann. „Gewächshäuser oder der Aufbau von Folienüberdachungen etwa sind genehmigungsfrei“, sagt Andreas Steinhüser. „Agri-PV dagegen gilt als Gebäude.“

Auch Netzanschlusspunkte müssen gewährleistet sein. „Bei einem unserer Projekte warten wir immer noch darauf, dass wir eine Trafostation in Betrieb nehmen können. Ohne diese kann der Strom nicht ins Netz eingespeist werden“, erzählt der Wissenschaftler. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein wesentlicher Faktor.

 

Regelungen zur Vergütung des erzeugten Stroms

Und schließlich muss die Vergütung des durch Agri-PV-Anlagen erzeugten Stroms über das Erneuerbare- Energien-Gesetz geregelt sein. „Auch hier besteht in Deutschland erheblicher Nachholbedarf“, meint Fabian Neu. „Der im Gesetzentwurf vorgeschlagene Bonus von einem halben Cent pro Kilowattstunde auf den marktüblichen Stromerlös reicht in Deutschland nicht aus, um hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen für die Apfel- oder Beerenproduktion zu finanzieren. Da erhoffen sich die Obsterzeuger und Projektentwickler noch Nachbesserungen. In Frankreich gibt es für Parkplatz-PV- und diese Art von Agri-PV-Anlagen eine eigene Ausschreibung mit einer durchschnittlichen Förderung von 8,3 Cent/kWh für 20 Jahre. Solch ein Fördermechanismus wäre auch hierzulande gut“, appelliert Neu.

 

Erfahrungen mit Agri-PV sehr positiv

Die Erfahrungen mit Agri-PV seien sehr positiv, resümiert das Fraunhofer Institut in seinem Leitfaden „Chance für Landwirtschaft und Energiewende“: „Agri-PV bietet die Möglichkeit, große Photovoltaikflächen im Freiland umzusetzen und gleichzeitig Ackerboden für die Nahrungsmittelproduktion zu erhalten. Das ist nötig, denn die Solarenergie wird langfristig zur wichtigsten Säule der Energieversorgung werden. Neben einer effizienteren Landnutzung kann Agri-PV zu einer Senkung des Wasserverbrauchs in der Landwirtschaft beitragen, stabile zusätzliche Einkommensquellen für Landwirtschaftsbetriebe generieren und damit die Resilienz vieler Höfe gegenüber Ernteausfällen erhöhen.“

Tags: Klima, Nachhaltigkeit

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