Der vermutlich einfachste Ansatz ist die Reduktion der Lebensmittelverschwendung. Eine Untersuchung aus den USA hat ergeben, dass weltweit jährlich 2,7 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden. Zusätzlich stellten die Forschenden fest, dass die derzeitigen Verluste von 40 % der globalen Lebensmittelproduktion verteilt über die Lieferkette mit effektiven Maßnahmen mindestens halbiert werden könnten. Diese vermeidbaren Lebensmittelabfälle zu verhindern, würde weltweit nicht nur große Mengen an Treibhausgasemissionen einsparen, sie könnten rein rechnerisch die hungernde Menschheit weltweit ernähren.
In der EU wird zunächst in genießbaren (beim Kauf essbare Abfälle) und ungenießbaren Abfall (z.B.: Knochen, Schalen, Kaffeesatz) unterschieden. Zusätzlich werden Lebensmittelabfälle aus der kommunalen Müllentsorgung berücksichtigt. Andere Quellen wie im Abwasser entsorgte Lebensmittel oder Nebenprodukte aus der Landwirtschaft, die anderweitig genutzt werden, werden nicht als Lebensmittelabfall erfasst.
Aktuelle Zahlen zeigen, dass etwa 11 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich entsorgt werden. Diese Abfälle entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, wobei der größte Teil den privaten Haushalten (59 %) zuzuordnen ist.
Denn 86 % der Haushalte werfen Lebensmittel weg, die entweder noch verwertbar waren oder nicht mehr rechtzeitig verwertet wurden. Etwa 47 % des gesamten Lebensmittelabfalls wurden von den Forschenden als vermeidbar eingestuft, was durchschnittlich etwa 78 kg pro Person und Jahr entspricht. Ähnliche Zahlen hat die UN in Ländern aller Einkommensklassen hinweg erfasst, was die Relevanz von Strategien zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in allen Ländern hervorhebt.
Es sind vor allem leicht verderbliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse, die der vermeidbaren Verschwendung zum Opfer fallen. Auch zubereitete Lebensmittel, welche den zweiten Platz kurz vor Backwaren und Getränken einnehmen, werden häufig entsorgt. Die angegebenen Anteile gelten alle als vermeidbare Lebensmittelabfälle, die aufgrund verschiedener Gründe nicht mehr gegessen worden sind.
Rund 36 % der vermeidbaren Lebensmittelverschwendung geht auf verdorbene Lebensmittel zurück. Außerdem wird in deutschen Haushalten zu viel gekauft oder zubereitet, was dazu führen kann, dass Lebensmittel wiederum verderben oder wegen des unappetitlichen Aussehens entsorgt werden. Kaum eine Rolle spielt das Mindesthaltbarkeitsdatum, welches in nur 5 % der Fälle als Grund genannt worden ist. Die falsche Lagerung (3 %) und der Geschmack (5 %) spielen als Entsorgungsgründe auch untergeordnete Rollen.
Die erste Erhebung in dieser Form gab es im Jahr 2017. Seitdem hat sich die entsorgte Menge an eigentlich verwertbaren Lebensmitteln teilweise deutlich verringert. Einerseits sind neben Fertigprodukten und zubereiteten Lebensmitteln auch die vermeidbaren Abfälle von Backwaren und Milchprodukten zurückgegangen. Andererseits sind sonstige Lebensmittel (u.a. Grundnahrungsmittel, Cerealien, flüssige Getränke) vermehrt weggeworfen worden. Forschenden vermuten, dass das an der Pandemie liegt, weil vermehrt zuhause gegessen worden ist. So ist die Lebensmittelverschwendung seit 2017 nur um 3 % zurückgegangen.
Das Problem der Lebensmittelverschwendung ist sehr komplex. Das heißt, dass zahlreiche Maßnahmen notwendig sind, die auf politischer, wirtschaftlicher als auch gesellschaftlicher Seite entwickelt und flächendeckend etabliert werden müssen.
Im Bereich der Politik könnten verschiedene Gremien und Arbeitsgruppen eingesetzt werden, die Lebensmittelverschwendung wissenschaftlich dokumentieren und sich mit Lösungsansätzen auseinandersetzen. Die Ergebnisse könnten über verschiedene Kommunikationskanäle verbreitet werden. Bildungsveranstaltungen an Schulen aber auch die Kommunikation über Social Media sind dabei wichtige Instrumente, um eine große Reichweite zu erzielen.
Neben neuen politischen Rahmenbedingungen und flächendeckender Kommunikation ist ein wesentlicher Teil der Abfallreduktion die Innovationskraft der Wirtschaft.
Großes Potential bietet dabei die künstliche Intelligenz (KI), mit der gleich mehrere Unternehmen an Lösungsansätzen arbeiten. Das deutsche Unternehmen „Foodforecast“ beispielsweise arbeitet mit KI, um den Bedarf an frischen Produkten wie Backwaren vorauszusagen und so Überschüsse zu verringern.
„Wasteless“ andererseits arbeitet an einer IT-Lösung, die die Produktpreise gemäß dem Verfallsdatum automatisch anpasst. So werden bald ablaufende Produkte ohne Aufwand vergünstigt und der Anteil der entsorgten Lebensmittel reduziert.
Einen ähnlichen Ansatz ohne KI hat „Too Good To Go“, eine App, die Konsument:innen und Lebensmittelhändler zusammenbringt. Dabei werden Restposten kurz vor Ladenschluss zu günstigeren Preisen angeboten, um sie vor der Entsorgung zu retten.
Aber es gibt auch Möglichkeiten Lebensmittel vor der Tonne zu retten, ohne etwas dafür zu bezahlen. In dem Verein Foodsharing e.V. haben sich ehrenamtlich engagierte Menschen zusammengetan, die in ganz Europa Lebensmittel vor der Entsorgung bewahren. Dabei gehen Vereinsmitglieder auf lokale Lebensmittelhändler zu und vereinbaren Abholtermine. So finden täglich etwa 5.000 Abholungen bei 11.000 kooperierenden Betrieben statt. Das alles ist für alle Beteiligten vollkommen kostenfrei.
Trotz der zahlreichen Lösungsansätze ist festzuhalten, dass die Lebensmittelverschwendung nur in Zusammenarbeit aller Beteiligten verringert werden kann. Gerade mit Blick auf die Herkunft der größten Quelle für Lebensmittelabfall, dem eigenen Haushalt, ist jeder Mensch dazu angehalten, den eigenen Konsum zu reflektieren und anzupassen, um die Umwelt und den eigenen Geldbeutel zu schonen.
Weiterführende Quellen:
BMEL - Lebensmittelverschwendung
UNEP Food Waste Index Report 2021