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Frauen in der Landwirtschaft

Der Alltag von Landwirtinnen

Forum Moderne Landwirtschaft e.V.

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Jede dritte landwirtschaftliche Arbeitskraft ist eine Frau. Wie sieht ihr tägliches Leben aus? Was läuft gut, was könnte besser sein? Die aktuelle Studie Frauen.Leben.Landwirtschaft beleuchtet die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland.

Juliane Menke baute ihre eigene Hähnchenmast auf, Dörte Lühmann leitet einen Ackerbaubetrieb. Beide nahmen an der Studie teil und lassen uns hinter ihre Hoftore und in ihr Privatleben blicken.

Wunsch nach eigener Verantwortung

Die Ausbildung zur Industriekauffrau war Juliane Menke nicht praxisbezogen genug. Nach dem Abschluss hängte die 29-Jährige ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an und arbeitet mittlerweile Vollzeit als Außendienstmitarbeiterin in der Geflügelberatung. Doch auch das reicht der Hobbytennisspielerin aus Niedersachsen nicht. Bereits vor fünf Jahren pachtete sie einen Stall, in dem sie Hähnchen hält. Bei ihr wachsen die Küken auf und werden im Neun-Wochen-Rhythmus gehalten.

 

„Meine Familie besitzt einen Hof in Niedersachsen. Ich wollte mir etwas eigenes Landwirtschaftliches aufbauen, für das ich ganz allein verantwortlich bin“, erzählt sie.

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Zwar würden ihr Vater und sie sich gegenseitig unterstützen: Er geht mindestens zweimal täglich seine Kontrollrunde bei den Hähnchen. Dafür macht sie in ihrer Freizeit seine Buchhaltung und Qualitätssicherung. Aber die Entscheidungen und Risiken, die eine Hähnchenmast mit sich bringen, trägt Juliane Menke allein. Sogar ihren Lebensgefährten hält sie aus den Belangen des Betriebs heraus.

Von der Fütterung und Wasserspülung bis hin zur Lüftung, im Stall wird alles automatisch geregelt. Eine Feinjustierung der Funktionen ist dennoch täglich notwendig, um beispielsweise die Lüftung an das Wetter anzupassen. Werden die aktuellen Sollwerte der Funktion überschritten beziehungsweise unterschritten, so erhält die Hähnchenmästerin über ihr Mobiltelefon sofort ein Alarmsignal. „Das kann um zwei Uhr morgens passieren oder wenn man gerade beim Einkaufen ist.“ Im Fall eines Alarms ist sofortiges Handeln erforderlich.

 

„Als Landwirtin muss ich flexibel sein, egal wie spät es ist oder womit ich mich in dem Moment gerade beschäftige.“

 

Geringerer Anteil an leitenden Landwirtinnen 

Mit ihrem beruflichen Konstrukt gehört Juliane Menke zu den 18 Prozent der Landwirtinnen in Deutschland, denen ein eigener Betrieb gehört, ermittelte die Studie „Frauen. Leben. Landwirtschaft.“ Sie wurde in Kooperation mit dem Deutschen Landfrauenverband, dem Thünen-Institut und der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführt und vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert. Demnach sind die Mehrzahl der weiblichen Arbeitskräfte, nämlich 59 Prozent, die Ehefrauen der Hofeigentümer und Betriebsleiter.

 

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Dörte Lühmann aus Uhrsleben in der Magdeburger Börde gehört zu den wenigen Frauen in Deutschland, die einen Ackerbaubetrieb leiten. Der 350 Hektar große Hof ist Teil einer Maschinengemeinschaft. Beides führt die dreifache Mutter gemeinsam mit einer weiteren Landwirtin und zwei Landwirten. Die studierte Agrarwissenschaftlerin baute nach der Wende zusammen mit ihrem damaligen Mann den Bauernhof ihrer Großmutter wieder auf. Inzwischen ist die 60-jährige Landwirtin von ihrem Mann getrennt, aber beide arbeiten weiterhin als gleichberechtigte Betriebsleiter zusammen.

 

„Ich war damals viel auf dem Feld und habe schwere körperliche Arbeiten verrichtet“, erinnert sich Dörte Lühmann. Bis sie ihre drei Kinder bekam. „Dadurch bin ich schnell in die typische Frauenrolle gerutscht und war für den Haushalt, die Kinderbetreuung und das Büro zuständig.“

 

Das alte Klischee: Frauendomäne Hausarbeit

Auch heute noch gilt die Hausarbeit auf dem Hof als reine Frauendomäne. 80 Prozent der Studienteilnehmerinnen gaben an, für das Kochen und das Saubermachen des Hauses zuständig zu sein. Zwei Drittel von ihnen haben die Kinderbetreuung übernommen und fast die Hälfte die Pflege von Familienangehörigen. Allerdings sind heutzutage 60 bis 70 Prozent der befragten Landwirtinnen an betrieblichen Entscheidungen beteiligt.

 

„Früher war es fast ein Skandal, wenn ein Mädchen eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren wollte, vor allem in Westdeutschland. Sie wurden zumeist auf eine Haushaltsschule geschickt, während die Söhne die landwirtschaftlichen Betriebe übernommen haben“, berichtet Dörte Lühmann.

 

Das gilt nach der aktuellen Studie nicht mehr. Tatsächlich verfügen heute 20 Prozent der Befragten über einen Hochschul- oder Universitätsabschluss. Vor 30 Jahren waren es unter 1 Prozent. Damals erlernten 81 Prozent der Frauen ländliche Hauswirtschaft. Heutzutage würden sich die Frauen mehr durchsetzen, und die Eltern ließen dies auch zu, ist Dörte Lühmann überzeugt.

Ein gutes Beispiel dafür ist Juliane Menke. Während ihre Mutter vor knapp zwei Jahrzehnten für Kinder, Haus und Garten zuständig war, ist ihre Tochter Juliane im Bereich Betriebsführung mit ihrem Vater gleichgestellt. Allerdings glaubt die Niedersächsin, dass sich viele junge Mädchen den landwirtschaftlichen Beruf immer noch nicht zutrauen würden.

 

Viele Frauen wünschen sich mehr Zeit für sich

Dabei sind die Arbeiten in den Ställen und auf den Feldern durch die technische Entwicklung viel leichter geworden. „Ich würde gern öfter mit dem Traktor oder Mähdrescher fahren und das Getreide mit einbringen, wenn es meine Zeit erlauben würde. In unserer Gemeinschaft ergänzen wir uns sehr gut. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Alle arbeiten auf Augenhöhe und sind finanziell gleichberechtigt“, berichtet Dörte Lühmann.

Leider sei der bürokratische Aufwand mittlerweile so enorm gestiegen, dass die Schreibtischarbeit zu einem echten Zeitfresser würde, so Dörte Lühmann. Überhaupt ist das Thema Zeit ein wichtiger Faktor für sie.

 

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„In den Neunzigerjahren und danach standen für mich die Kinder an erster Stelle, dann folgte der Betrieb. Um meine Belange habe ich mich immer zuletzt gekümmert“, erzählt Dörte Lühmann. Das sei heute anders. Dörte Lühmann gönnt sich kleine Auszeiten in Form von sportlichen Aktivitäten, Konzert-und Theaterbesuchen oder ein verlängertes Wochenende.

 

„Mittlerweile versuche ich, täglich zwei bis drei Stunden für mich und meine ehrenamtlichen Tätigkeiten zu reservieren, wie Frühstück in Kitas zubereiten, Empfang von Schulklassen auf dem Hof oder die Mitarbeit im Gemeindekirchenrat.“

 

 

Juliane Menke plant mit ihrem Freund einen Skiurlaub. „Wir waren in diesem Jahr in Norwegen. Ich möchte so vieles sehen und Erfahrungen sammeln. Da mein Vater mich momentan noch im Stall vertreten kann, versuche ich aktuell so viel wie möglich zu reisen,“ erzählt sie. Sie trifft regelmäßig ihre Freundinnen, spielt Tennis und nimmt einmal im Monat an einem Buchclub teil.

Mehr Zeit für sich wünschen sich viele Frauen in der Landwirtschaft. Auf die Frage „Wenn Sie einmal nur an sich denken würden?“ antwortete jede dritte befragte Studienteilnehmerin, dass mehr Zeit für sich von großer Bedeutung für sie sei.

 

Was die Zukunft bringt

Dörte Lühmanns Kinder haben sich bereits geäußert, dass sie andere berufliche Wege einschlagen werden. „Ich habe mir vorgenommen, mir in den nächsten fünf Jahren Klarheit zu verschaffen, wie es bei mir weiterlaufen soll“, sagt die Landwirtin aus Sachsen-Anhalt.

Und die Zukunftspläne von Juliane Menke?

„Ich habe zwei Schwestern, aber keine von ihnen plant, den Hof der Eltern zu übernehmen. Ich kann mir vorstellen, das eines Tages zu machen.“

 

Quelle: Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“  

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