Die moderne Landwirtschaft arbeitet heute durch den Einsatz von Technologien präziser, effizienter, umwelt- und tierwohlbewusster. Ein Beispiel dafür ist der Hof der Familie Tramsen aus Schleswig-Holstein
Der 32-jährige Jakob Tramsen bezeichnet sich als Vielmeier. So wurden früher Landwirte genannt, deren wirtschaftliches Konzept auf mehreren Säulen beruhte. Der Hof der Familie Tramsen, auf dem Jakob mit seiner Frau Isabel, seinen drei Kindern und seinen Eltern lebt, ist ein solcher Mischbetrieb. Rund zehn Kilometer von der dänischen Grenze entfernt hält die schleswig-holsteinische Familie 280 Milchkühe sowie 140 Sauen zur Ferkelerzeugung. Auf den 500 Hektar großen Ackerflächen bauen die Tramsens diverse Hauptkulturen wie Raps, Weizen, Gerste, Silomais, Ackerbohnen und Ackergras an. In einer Biogasanlage erzeugen sie mit der Gülle ihrer Tiere 3,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Durch eine Beteiligung an einem Bürgerwindpark werden nochmals ca. 37 Millionen KwH Strom pro Jahr gewonnen. „Auf diese Weise generieren wir ca. 69 Prozent unseres Umsatzes aus der Landwirtschaft und rund 31 Prozent aus dem Verkauf der erneuerbaren Energie.“
Erst 2019 nahm Familie Tramsen einen Kuhstall in Betrieb, der nach den neuesten Tierwohlstandards ausgerichtet ist. „Der moderne Stall bietet breite Lauf- und Fresswege sowie große Liegeboxen“, beschreibt der junge Agrarwissenschaftler die Stallsituation, mit der der Betrieb Haltungsstufe 3 erreicht. Das bedeutet, dass die Kühe Kontakt mit dem Außenklima haben, beispielsweise durch eine nach außen offene Stallseite, dass sie mehr Platz im Stall haben und Futter ohne Gentechnik erhalten.
Tramsen weiter: „Der Stall ist mit einem Melkroboter, einem Reinigungsroboter und einem Fütterungsroboter ausgestattet.“
Auf diese Weise kommen die Tiere 24 Stunden lang an frisches Futter, stehen in einer sauberen Umgebung und können sich so oft melken lassen, wie sie möchten. Mit einem speziellen Computer-Programm werden Daten der einzelnen Milchkühe gesammelt und ausgewertet, dazu zählen Fressdauer, Bewegungs- und Kauaktivität oder Körpertemperatur, sodass der gesundheitliche Zustand der Herde täglich kontrolliert wird.
„Eine intelligente Licht- und Luftsteuerung sorgt für optimale Stallbedingungen, auch wenn die Tage im Winter dunkler sind“, erklärt Jakob Tramsen. „Wir haben festgestellt, dass der neue Stall den Kühen guttut. Sie liefern mehr Milch und werden älter.“
Auch bei der Schweinehaltung setzt der Betrieb auf modernste Technologien. „Wir werden unseren Schweinestall aus 2005 komplett umbauen und damit Haltungsstufe 4 für unsere Schweine erreichen“, erläutert Tramsen Junior. Das heißt, die Tiere haben dann 100 Prozent mehr Platz als bisher. Sie verfügen über einen Auslauf nach draußen und sie werden auf Stroh gehalten. „Wir haben uns gleich für mehrere technologische Innovationen entschieden“, freut sich der junge Landwirt. „Das Stroh wird über eine automatische Einstreuanlage im Stall verteilt. Dabei bringt ein kameragestütztes System das Stroh von der Lagerscheune automatisch in den Stall. Ein Scanner entscheidet, wo frisches Stroh notwendig ist. Ebenso ausgetüftelt ist die automatische Fütterung,“ sagt Tramsen. Er erklärt, dass die Tiere dabei eine Sortierschleuse durchlaufen, die auf künstlicher Intelligenz basiert. Je nach Gewicht werden die Tiere von hier aus in eine von drei Abteilungen befördert und dort mit der individuellen Fütterungsmenge versorgt.
„Bei all der Technik, die wir auf dem Hof nutzen, kann man sich vorstellen, dass wir mit iPads durch die Ställe laufen und nicht mehr mit Eimern, wie es früher der Fall war.“
Mit den Tabletcomputern werden nicht nur die technischen Systeme überwacht, sondern auch der Gesundheitszustand der Tiere, betriebswirtschaftliche Daten ausgewertet oder Applikationskarten für die Felder erstellt. Damit nicht genug: „Aktuell sind Mitarbeiter auf unseren Feldern unterwegs und zeichnen mit Hilfe der iPads ein, wo wir Drainagen verlegen, die benötigt werden, um die Ackerflächen zu entwässern.“
Auch der jährliche Anbau der fünf verschiedenen Hauptkulturen wird von den Tramsens per Computer berechnet und kontrolliert. Längst sind die Zeiten vorbei, dass in den modernen Traktoren für unterschiedliche Anbaugeräte wie Spritzen oder Düngestreuer jeweils ein eigenes Display hing. „Heutzutage werden die sensorgesteuerten Informationen über einen Stecker, der am Anbaugerät befestigt wird, auf ein einziges Display im Schlepper übertragen“, so Tramsen.
„Die Landwirtschaft ist sehr weit, was den Einsatz moderner Technologien anbelangt. Leider sind die Technologien teuer und für kleine Betriebe kaum erschwinglich“, bedauert der Landwirt.
Für seinen neuen Schweinestall wünscht er sich einen Stallwaschroboter, der dem Betrieb nicht nur zeitaufwendige und anstrengende Arbeit abnimmt, sondern für maximale Hygiene für die Tiere sorgt. Und für seine Felder? „Ich denke, dass die Robotik auf dem Acker immer mehr Einzug halten wird. Damit meine ich nicht nur klassische Feldroboter sondern Roboter-Traktoren, die autonom von der Scheune aufs Feld fahren und zum Beispiel selbstständig die Aussaat und die Unkrautregulierung übernehmen. Eine moderne Landwirtschaft ohne neueste Technologien ist für Jakob Tramsen nicht mehr vorstellbar.