Als Kartoffeln vor 456 Jahren von spanischen Matrosen nach Europa eingeführt wurden, sahen die Knollen verwachsen aus und hatten eine unebene Schale mit tief sitzenden Augen. Heute überzeugen deutsche Kartoffelsorten durch ihre schön regelmäßige, ovale Form, klare Farbe und eine glatte, glänzende Schale.
Dank intensiver Züchtungsarbeit kann der deutsche Lebensmittelmarkt inzwischen über 350 verschiedene Kartoffelsorten anbieten. 80 Prozent davon besitzen Resistenzgene gegen Krankheiten und Schädlinge und sind robust, ertragreich und stabil im Wachstum.
„Kartoffeln verfügen über eine weitaus komplexere Genetik als beispielsweise der Mensch oder viele andere Gemüsearten. Dadurch entstehen bei unseren Kreuzungen mehr Kombinationsmöglichkeiten“, erklärt Züchterin Juliane Renner.
Den Züchtern gelingen immer weitere Verbesserungen, die den guten Geschmack der tollen Knolle unterstreichen und ihre Produktion auf dem Acker nachhaltiger machen.
„Um Zeit zu sparen, werden Kartoffeln nicht immer unmittelbar vor dem Verzehr zubereitet. Bevor sie dann auf die Teller kommen, sollten sie nicht nachdunkeln oder sich grau verfärben“, sagt die Agrarwissenschaftlerin, die auf einer Zuchtstation südlich von Regensburg arbeitet. Auch die Industrie stelle Anforderungen an die Kartoffelproduzenten, weiß die aus Südhessen stammende Züchterin. So sollen Kartoffeln, die zu Pommes frites verarbeitet werden, eine ganz bestimmte Länge haben. Und Kartoffelchips-Hersteller legen bei den Erdäpfeln teilweise Wert auf bestimmte Fleischfarben. Mindestens acht bis zehn Jahre dauere es, bis eine neue Kartoffelsorte für die amtliche Zulassung angemeldet werden könne, erläutert Renner. „Wenn es sich dabei um neue Resistenzen handelt, verlängert sich die Zeit um weitere Jahre.“
„Zur Verbesserung einer nachhaltigen Produktion sollen Kartoffeln ressourcenschonend produziert werden, damit die Landwirte auf den Feldern zum Beispiel Pflanzenschutzmittel einsparen können“, so die Züchterin. Auch der Klimawandel und das immer trockenere Wetter stellen die Züchterin vor Herausforderungen.
„Nicht überall haben die Landwirte die Möglichkeit, ihre Felder zu beregnen, deshalb bemühen wir uns, dass die Kartoffelsorten hitze- und trockentoleranter werden“, sagt Renner.
Über eine Neuerung freut sie sich besonders. Der Lower-Carb-Bereich rücke immer mehr in den Fokus der Verbraucher. „Viele Verbraucher achten darauf, dass sie weniger bis keine Kohlenhydrate zu sich nehmen. Der Züchtung ist es gelungen, sogenannte Lower-Carb-Sorten zu entwickeln, die ca. ein Drittel weniger Stärke beinhalten, aber genauso gut wie eine klassische Kartoffelsorte schmecken.“ Vielleicht gelingt es den Züchtern auch eines Tages, den Vitamingehalt einer Kartoffel maßgeblich zu erhöhen. Das wäre ein neues Ziel in der Züchtung.