Seit 2020 nimmt die Vierländer NaturKita in Hamburg an dem Bildungsprogramm AckerRacker von Acker e.V. teil. Gemeinsam mit ihren Erzieher*innen bauen die Kinder rund 20 verschiedene Gemüsearten an. Wie gelingt der Start, welche Unterstützung braucht es und wie hat sich der Kitaalltag durch AckerRacker für die Erzieher*innen und Kinder verändert?
„GUCK MAL!“, staunt ein Kind an der Vierländer NaturKita in Hamburg und zeigt stolz seine frisch geernteten Tomaten. Dann geht es direkt ins Kinderrestaurant. Dort übergibt das Kind die Ausbeute vom Acker an den Koch: „Das haben wir geerntet! Guck mal, wie viel das ist!“
Gesunde und nachhaltige Ernährung wird in der Vierländer NaturKita großgeschrieben. Jeden Tag bereitet Kita-Koch Sven Lübke im Kinderrestaurant das Mittagessen aus frischen Lebensmitteln zu. Anders als in vielen anderen Kitas, in denen das Mittagessen häufig von externen Catering-Firmen geliefert werde, würden hier “sogar noch die Kartoffeln mit Hand geschält“, betont Kerstin Nauhardt, die pädagogische Leiterin der Kita. Wenn alles zubereitet ist, zeigt Sven Lübke den Kindern den Vergleich zwischen der Ernte und dem fertigen Gericht. So können sie begreifen, wie aus dem Gemüse vom Acker das fertige Essen auf dem Teller wird – eine Qualität, die laut Kerstin Nauhardt auch die Eltern sehr zu schätzen wissen.
Auch wenn der Acker groß ist und die Ernte entsprechend üppig ausfällt, reicht der Acker nicht ganz zur Selbstversorgung. Außer vielleicht bei den Zucchini: „Die wachsen hier wie Sand am Meer“, lacht die pädagogische Kitaleiterin. Franziska Timmann, eine von neun AckerErzieher* innen, erinnert sich an das erste AckerJahr: „Wir hatten Riesenzucchini. Teilweise haben die Kinder die zu zweit getragen!“, erzählt sie. So ist es nicht verwunderlich, dass „Zucchini vom eigenen Acker“ im Kinderrestaurant des Öfteren auf der Speisekarte stehen. Insgesamt sei das Angebot jedoch sehr abwechslungsreich, betont Leiterin Kerstin Nauhardt. Der Koch sei stets bestrebt, den Kindern eine vielfältige Ernährung zu bieten und gleichzeitig nach ihren Geschmacksvorlieben zu kochen. Zusätzlich werde stark auf Saisonalität und Regionalität geachtet.
Welche Lebensmittel vom Acker kommen und welche von extern bezogen werden, wird an der NaturKita immer klar kommuniziert.
„Die Kinder probieren viel mehr Gemüse, wenn sie wissen, dass es vom Acker kommt“, berichtet Sarah de Oliveira,
die ebenfalls als AckerErzieherin mit den Kindern auf dem KitaAcker steht. Das gelte vor allem für Gemüse, das die Kinder noch nicht kennen oder nur selten essen, wie beispielsweise Mangold.
Seit dem Start von AckerRacker im Frühjahr 2020 ist der Acker längst fester Bestandteil der Vierländer NaturKita geworden und jedes Kind hilft regelmäßig mit. Insgesamt gäbe es fünf Kindergruppen an der Hamburger Kita, erklärt AckerErzieherin Franziska Timmann.
Jeden Tag gehe eine andere Gruppe auf den Acker. Alle drei Monate werde der Rhythmus um einen Tag nach hinten verschoben. Dann werde zum Beispiel die Montagsgruppe zur Dienstagsgruppe und die Dienstagsgruppe zur Mittwochsgruppe. „Sonst würde die Montagsgruppe fleißig ernten und die Freitagsgruppe immer leer ausgehen“, so die Erzieherin. „Das war aber auch ein Prozess, bis wir das gefunden haben.“
Im Vergleich zum ersten AckerJahr ackern inzwischen auch die null- bis dreijährigen Krippenkinder mit.
„Die Kleineren sind dabei und erleben das Ganze einfach mit. Es macht nichts, wenn sie eine grüne Tomate abrupfen. Das dürfen sie“, berichtet Leiterin Kerstin Nauhardt.
Sie weiß: Auf dem Acker geht es ums Erleben. „Auf dem Acker erfahren die Kinder unmittelbar, wie lange es dauert, bis die Tomate eben wirklich reif ist. Sie üben sich in Geduld und Ausdauer und lernen, dass sie beim Ackern am Ball bleiben müssen, damit etwas wächst.“
Die Vierländer NaturKita startete 2020 mit einer Ackerfläche, die deutlich größer war als der Acker anderer AckerKitas. Stolze 15 Reihen an Gemüse wurden damals bewirtschaftet. Dementsprechend groß fiel die erste Ernte aus: „Wir konnten so viel ernten, dass wir teilweise gar nicht mehr wussten, wohin damit“, erinnert sich AckerErzieherin Franziska Timmann. „Das war ein tolles Gefühl!“
Gleichzeitig sei mit der Größe des Ackers aber auch ein hohes Maß an Arbeit einhergegangen. Insbesondere der Schachtelhalm, ein Beikraut, habe die Kinder und Erzieher*innen auf Trab gehalten, wie Sarah de Oliveira erzählt. „Der war überall! Und er war riesengroß!“, berichtet die Erzieherin. Trotz unzähliger Unkrautwettbewerbe mit den Kindern hätten sie dem Kraut keinen Einhalt gebieten können. Schließlich habe das ganze Kollegium beschossen, den Acker von 15 Reihen auf 7 Reihen zu verkleinern. Kitaleiterin Kerstin Nauhardt schätzt diesen Lernprozess, bei dem es immer wieder darum gehe, Probleme zu erkennen und neue Lösungen zu finden:
„Das ist doch super, wenn man merkt, das können wir so nicht bewältigen – aber anders.“
Kerstin Nauhardt und die AckerErzieher*innen haben trotz der vielen Arbeit große Freude am Acker. Erzieherin Sarah de Oliveira schätzt insbesondere die Vielfältigkeit der AckerTätigkeiten: das Ernten, das Umgraben oder auch die Suche nach „verschiedenen Insekten, die da so rumkrabbeln.“ Besonders die Insekten und anderen Ackertierchen fänden auch die Kinder unglaublich spannend. “Ein Mädchen hat sich neulich die ganze Hand mit Nacktschnecken beklebt und stolz gerufen: Guck mal, wie viele ich gefunden habe!“, schüttelt die Acker- Erzieherin lachend den Kopf.
“Und die Regenwürmer haben sich die Kinder als Ringe um die Finger gebunden. Auf dem Acker gibt es einfach jeden Tag etwas Neues zu entdecken.”
Dass an der Vierländer NaturKita alle der neun Erzieher*innen mitackern, ist etwas sehr Besonderes. „Ich empfinde es als große Stärke in unserem Haus, dass alle sehr offen für alles sind“, betont Kerstin Nauhardt. „Im Kollegium herrscht eine Bereitschaft, sich auf Unbekanntes einzulassen und sein Bestes beizusteuern.“ Durch das gemeinsame Ackern sei das Kollegium noch stärker zusammengewachsen.
Auch für die Unterstützung von Acker e. V. ist die pädagogische Kitaleiterin dankbar:
„Wenn ich mir vorstelle, dass wir das alles hätten allein vorbereiten müssen, dann wäre das nichts geworden.“
Obwohl die Zeit im Kita-Alltag oft knapp sei und es viele andere Aufgaben zu bewältigen gäbe, sei das Ackern mit den ausführlichen Anleitungen und Begleitmaterialien von AckerRacker für alle Kitas „machbar und schaffbar“, findet sie. Und auch AckerErzieherin Sarah de Oliveira ist sich sicher:
„Wenn das Interesse da ist und die Leute Lust auf den Acker haben, würden wir AckerRacker auf jeden Fall weiterempfehlen!“
AckerRacker ist ein ganzjähriges, praxisorientiertes Bildungsprogramm von Acker e.V. für Kitas. Auf der kitaeigenen Ackerfläche bauen die Kinder gemeinsam mit ihren Erzieher*innen rund 20 verschiedene Gemüsearten und -sorten an und erleben dabei mit allen Sinnen, wie aus kleinen Samen und Pflänzchen knackiges Gemüse wächst.
Spielerisch erkunden sie die Natur, erlangen ein Grundverständnis für natürliche Zusammenhänge – und entdecken, wie lecker „selbstgemachtes“ Gemüse frisch vom Acker schmeckt.
Weitere Kitas, die bereits beim Programm AckerRacker mitmachen, finden sich im aktuellen Wirkungsbericht von Acker e.V. https://www.acker.co/ackerracker/Wirkung
Detaillierte Infos zum Programmablauf finden Sie hier: : https://www.acker.co/ackerracker/Programminformationen